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Weinbau auf dem Nikolaihof

Der Weingarten und die Sorten Insgesamt bewirtschaftet das Gut 20 Hektar Weinberge auf den verwitterten Urgesteinsböden an der Donau, darunter so berühmte Rieslinglagen wie "Steiner Hund", "Vom Stein" und "Im Weingebirge". Riesling und Grüner Veltliner bilden mit rund 90 Prozent die beiden wesentlichen Rebsorten, der Rest entfällt auf Weißburgunder, Malvasier, Neuburger und Chardonnay. Gearbeitet wird dabei, wie es ein Gast einmal formulierte, "so altmodisch, das es schon wieder modern ist". Das gilt für die Bewirtschaftung wie für die Vinifizierung nach der Devise, "dem Wein nicht hineinzupfuschen, sondern ihn in kontrollierter Ruhe entwickeln lassen."

Low-Tech als Erfolgsrezept

Von der zwölf Meter langen Baumpresse, die heute als Schaustück beeindruckt, vermochte sich Saahs nur schweren Herzens zu trennen. Heute presst er mit Druckluft so schonend wie möglich, ehe die Weine ohne technische und chemische Hilfsmittel mit der eigenen Hefe in großen Eichenfässern von etwa 2.000 bis 12.000 Litern vergoren und ausgebaut werden. Die qualitative Basis dafür legt die Familie in ihren, nach strengsten biologisch dynamischen Gesichtspunkten bearbeiteten Weinbergen, wo niemals Kunstdünger oder Herbizide zum Einsatz kommen. Im Austria-Bio-Weingut spielen neben einem intakten ökologischen Kleinsystem auch die Mondphasen eine wichtige Rolle, vom Setzen der Rebstöcke bis zum Abfüllen der Flaschen zu jeweils ganz bestimmten Tagen.

Rebstöcke: alt und sehr gut

Dazu sind einige Lagen mit bis zu 50 Jahre alten Rebstöcken bepflanzt, die zwar nur eingeschränkten Ertrag bringen, dafür überaus tief wurzeln und dadurch zusätzliche bukettbildende Mineralsalze aus dem Boden beziehen. Extreme Selektionierung, etwa durch Ausdünnung und mehrmalige Durchlesung, unterstützt die sortentypische Charakteristik des Traubenmaterials. Das Ergebnis all dieser Ambitionen sind ungemein individuelle, reintönige Weine, die, großteils ab Kabinettreife angesiedelt, ihre ganze Klasse meist erst nach mehrjähriger Lagerzeit ausspielen. Die Veltliner zeichnen sich dabei durch würzige Konzentration mit charakteristischer pfeffriger Note aus, wobei der direkte Hefeabzug eine besondere Spezialität des Hauses darstellt. Die Rieslinge bestechen durch rassige Eleganz und feinen, pfirsichartigen Fruchtschmelz, höchst interessant sind aber auch der körperreiche Chardonnay und die Cuvée Elisabeth aus Riesling, Weißburgunder, Veltliner und Neuburger.

Erfolgsrezept Holzfass

"Wir sind so altmodisch, dass wir schon fast wieder modern sind", sagt Frau Saahs lachend. Die Pläne für praktische und Platz sparende, temperaturgesteuerte Stahltanks lagen schon in der Schublade. Doch man blieb bei den Holzfässern, die nicht nur teurer sind als Stahltanks, sondern auch jedes Jahr repariert werden müssen. So unvernünftig die Entscheidung auch erscheinen mag, die Saahs sind froh darüber: Der hohe Gehalt an gesundheitsfördernden Antioxidantien, der in den Weißweinen vom Nikolaihof festgestellt wurde, habe auch mit dem Holz der Fässer zu tun, sagt Christine Saahs. In Stahltanks wären die Antioxidantien kaputt gegangen.

Die Natur beobachten

Durch und durch konservativ geht die Winzerfamilie auch bei Chemikalien, Enzymen und künstlichen Hefen vor: Sie verzichtet einfach darauf. Vor nahezu vierzig Jahren, als der 20- jährige Nikolaus die schweren Gemäuer des vor fast 1000 Jahren erstmals urkundlich erwähnten Hofs vom früh verstorbenen Vater übernahm, griff man aus dem Grund nicht zu diesen Hilfsmitteln, weil kein Geld da war. Damals lernte Nikolaus aus der Not heraus, die Natur zu beobachten und möglichst wenig Chemie zu verbrauchen. Freilich: Oft sah man sich an den (wohlhabenderen) Nachbarn leid, die Mutter von Nikolaus befürchtete gar den wirtschaftlichen Ruin des Hofes. Inzwischen wurde daraus eine Überzeugung, die der Winzerfamilie manchen Rückschlag erspart hat, so auch den Weinskandal.

Der Demeter Bund

Familie Saahs wirtschaftet nach den Regeln des Demeter-Bunds, einer der strengsten Richtungen des biologischen Landbaus. Diese gehen auf den Antroposophen Rudolf Steiner, u. a. Begründer der Walddorf-Schulen, zurück. Das Prinzip lässt sich grob vereinfacht so beschreiben: möglichst viel Kraft und Energie in den Wein legen, indem der Natur so wenig wie möglich ins Handwerk gepfuscht wird. Christine Saahs vergleicht es mit dem Kochen: "Wir tun nicht mehr als umrühren, damit im Topf nichts anbrennt." Sogar das physikalische Verfahren der Umkehr-Osmose, mit der Wein normalerweise konzentriert wird, lehnen die Saahs ab. Man will dem kostbaren Rebensaft keinen Druck zumuten. Pestizide, die aus jedem konventionell geführten Weingarten nicht wegzudenken sind, kommen ebenfalls nicht in den Weingarten. Wie die Reben, die als hochgezüchtete Kulturpflanzen schädlichen Pilzen kaum Widerstand leisten können, sonst geschützt werden? Indem Nikolaus Saahs permanent beobachtet. In der kritischen Zeit verlässt er den Weingarten nicht einmal für wenige Tage, um etwa im Ausland Weine zu präsentieren. Die schwächsten Reben sind sein Früherkennungssystem. Breiten sich auf ihnen Pilze aus, greift der Winzer ein und spritzt Brennesseljauche, Baldriantropfen, Baldriantee und eigens angesetzte Präparate, die in hoher Verdünnung wie homöopathische Medikamente angewendet werden.

Der gesunde Boden

Auch über Gesunderhaltung des Bodens werden Pilze von den Reben ferngehalten. Das Konzept funktioniert freilich nur, wenn man den Pflanzen Zeit gibt, stark zu werden. Reben, die bereits konventionell gespritzt wurden, halten es nicht aus, auf biologisch umgestellt zu werden. Christine Saahs vergleicht sie mit "einem Menschen, der in der Früh Aufputsch- und am Abend Schlafmittel braucht".

Auch der Mond spielt mit

Familie Saahs achtet beim Pflanzen und bei der Weinlese auch auf den Mond - eine Gratwanderung zwischen sinnvollen Maßnahmen und Esoterik, wie Christine Saahs zugibt. Der enorme Umstellungsaufwand - wer biologisch arbeiten will, muss alle Reben neu pflanzen - ist einer der Gründe, warum es nur wenige Bio-Winzer gibt. Die viele Handarbeit und der geringere Ertrag sind weitere Nachteile des Bio-Landbaus. Geschmacklich ist er jedenfalls kein Nachteil. Das Vorurteil, dass Bio-Weine nach Sauerampfer schmecken müssten, stimmt längst nicht mehr. Im Gegenteil: Selten weist ein Wein ein derart dichtes Aroma auf wie jener vom Nikolaihof. Es hält sich selbst dann, wenn man etwas tut, was normalerweise jedes gute Tröpferl ruiniert: den Wein einige Tage im Kühlschrank offen stehen lassen.

Demeter

Demeter (der Name stammt von der altgriechischen Fruchtbarkeitsgöttin) ist mit 75 Jahren der älteste BIO-Bauernverband. Er geht auf den österreichischen Antroposophen Rudolf Steiner (1861-1925) zurück (die Antroposophie unterstreicht die Fähigkeit des Menschen zur Erkenntnis und zur freien Entscheidung). Demeter ist der einzige, weltweit organisierte BIOVerband. In Österreich gibt es 110 Demeterbetriebe, Nikolaihof Wachau ist eines der drei Weinguter. Weltweit gibt es in mehr als 30 Ländern ca. 3.500 Demeter Hofe. Sie stellen 3.000 verschiedene Produkte her, von Obst und Gemüse über Antipasti bis zu Kaffee, Rohmilchkäse , Reis, Wein und vielem mehr. "In der biologisch-dynamischen Demeterlandwirtschaft werden die natürlichen Ressourcen nicht nur geschont, sondern Lebensprozesse sowie das Zusammenwirken von irdischen und kosmischen Kräften gezielt gefördert". Diese Wirkungen erzielt man vor allem durch die Anwendungen der Präparate. Demeter hat auch genaue Richtlinien über die Verarbeitung der Rohprodukte.