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Mas de Janiny, Herault/Languedoc

Das Hinterland von Montpellier entwickelt sich langsam und bisher nur von den immer zahlreicher werdenden Insidern bemerkt zum Eldorado des südfranzösischen Weinbaus. Manch qualitätsorientiert arbeitender Betrieb erzielt heute schon Weinpreise, die auch im berühmten Bordeauxgebiet nur die Kollegen der ganz namhaften Châteaus erreichen. Weingüter wie Mas Jullien in Aniane (übrigens auch biologisch wirtschaftend) und Daumas Gassac (einst als der erste Grand Crû des Midi bezeichnet) waren die Pioniere. Sie haben früh erkannt, dass in den relativ kargen Lagen am Fuße der Cevennen ein Potential schlummert, das über Jahrzehnte verkannt wurde. Zu verlockend war lange die Zeit die Produktion großer Mengen einfachen Tafelweins, viele sind damit bis zum langsamen Niedergang in den 60er-Jahren sogar richtig reich geworden. Dann kam die traurige Zeit des Niedergangs, mit staatlicher Förderung wurden Weinberge großflächig ausgerissen und stillgelegt, um die Produktion an die gewandelten Konsumgewohnheiten anzupassen. Das traf in der Logik quantitätsorientierter moderner Landwirtschaft zuerst die schwer zu bewirtschaftenden und ertragsärmeren Lagen, die hügeligen, die steinigen, die kleinen Parzellen. Insbesondere Daumas Gassac ist es zu verdanken, dass im Laufe der 80er-Jahre einige Winzer umdachten. Gezielt wurde nach aufgelassenen Weinbergen gesucht. Auch vielgeschmähte traditionelle Rebsorten wie Cinsault, Carignan und Grenache wurden gegen den Trend zu den modernen Edelsorten wie Cabernet und Merlot wieder kultiviert. Insbesondere wurde nach Weinbergen mit alten Stöcken gesucht, die bei wenig Ertrag besonders charaktervolle Weine hervorbringen können und genetisch den Produkten moderner Baumschulen überlegen sind. In qualitativer Hinsicht, nicht in quantitativer wohlgemerkt.

Die Frères Julien kamen als Quereinsteiger zum Wein. Der Vater besaß wohl einige Hektar Weinberg, deren Ertrag er in der örtlichen Kooperative von St. Bauzille de la Sylve ablieferte, die Söhne hatten aber vorerst andere Interessen. Pascal, ursprünglich der intellektuellere der Beiden, studierte in Montpellier und unterrichtete anschließend einige Jahre an einer Handelsschule. Thierry betrieb im Pilgerort Lourdes ein gutgehendes Geschäft mit geschmacklich sicher fragwürdigen Gipsmadonnen. Da die Kundschaft hauptsächlich aus für solche Objekte besonders aufgeschlossenen Süditalienern bestand, spricht er auch heute noch perfekt napoletanisch, sehr zum Amusement seiner italienischen Winzerkollegen. Sein Sprachtalent half ihm nicht nur auf der Verkaufseite, den wie es der Zufall so wollte, wurden die Madonnen vorwiegend in Napoli hergestellt, wo eben auch die meisten Pilger herkamen... Mit ihren Ersparnissen (Thierry meint, auch sein heutiges Auto hätten noch die Madonnen finanziert...) haben die beiden Brüder die elterlichen Rebflächen nach und nach zu ansehnlichen 55 Hektar ergänzt, deren Trauben ursprünglich komplett in die Kooperative gingen.

Der im Dorf ansässige Önologe Marc Potal hat bei Daumas Gassac über viele Jahre Erfahrung gesammelt. Die wendete er nun auch im Keller der Juliens an und verhalf ihnen erst zu immer feineren Cabernets. Er glaubte von Anfang an an das hohe Potential bestimmter Parzellen und machte den Juliens Mut, in einem kleinen zugepachteten Keller sich Schritt für Schritt auch an andere Rebsorten und die ersten Cuvées heranzutrauen. Ein reinsortiger Merlot, ein im Holz ausgebauter Syrah und ein klassisches Cuvée aus traditionellen Rebsorten (AOC Coteaux du Languedoc) komplettierten im Laufe erstaunlich weniger Jahre die kleine Palette von ?Mas Janiny'. Mittlerweile reifen die Weine im Dorf in einem sehr hübschen geschmackvoll restaurierten Keller, der Barriquebestand ist gewachsen und mit ihm auch die Erfahrung der Winzer selbst. Die Qualität der Weine bestätigen mehrere begehrte Auszeichnungen, zuletzt drei Sterne im Guide Hachette und eine Goldmedaille beim nationalen Concours der ökologischen Weine in Paris. Zu Kopfe gestiegen ist der Erfolg den Juliens sicher nicht. Sie sind die sympathischen Südfranzosen geblieben, die sie schon immer waren. Beide engagieren sich leidenschaftlich in der Organisation der Biowinzer des Languedoc AIVB, um den ökologischen Weinbau in der Region voranzutreiben. Im Dorf spielen sie in einer ausgesprochen beliebten Band, ?Las Gambas Rujes', die mit heißen Zigeunerrythmen schon manches Gemeindezentrum zum Toben brachte. Nicht zuletzt schlägt sich ihre Bescheidenheit aber auch in einem außergewöhnlich günstigen Verhältnis zwischen Weinqualität und Preis ihrer Weine nieder. Hier hat die Region Languedoc dem Weinfreund immer noch Viel zu bieten. Die strenge französische Weingesetzgebung hinkt hinter der rasanten Entwicklung des Languedoc hoffnungslos hinterher. Gerade einige der besten Weine lassen sich auch weiterhin nur als VindePays deklarieren. Und die prestigeträchtigen Châteaus sind hier noch ausgesprochen dünn gesäht. Lassen sie sich von solchen Äußerlichkeiten nicht täuschen. Es lohnt sich!